"Ostpreußen ist Faltin-Land"

Als der Verfasser dieser Webseite in den 1980er Jahren ein damaliges Vorstandsmitgied des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreussen kontaktierte, rief dieser begeistert aus: "Ostpreussen ist Faltin-Land!". Dies war als humoristische Anspielung auf den bekannt Ausspruch "Ostpreußen ist Pferdeland!" gedacht. Bei diesem Vorstandsmitglied handelte es sich um Dr. Wolfgang Konietzko, der natürlich selber aus Ostpreussen stammte, und, wie sich herausstellte, mit den Faltins aus Marggrabowa eng verwandt war. Er erklärte mir damals, als Ahnenforschungs-Neuling, dass der Name  Faltin  in Ostpreußen tief verwurzelt sei. Vor allem in Masuren und den östlichen und nord-östlichen Landesteilen konnte man bis 1945 in jeder Stadt und in vielen Dörfern auf Faltins treffen. 

Zurück zu den Anfängen

Bockheiligung bei den Prußen, in: Christoph Hartknoch, 1684
Bockheiligung bei den Prußen, in: Christoph Hartknoch, 1684

Wie sind nun aber die Faltins nach Ostpreussen gekommen; oder waren sie schon immer da? Als "Ureinwohner" des späteren Ostpreußens gilt das westbaltische Volk der Prußen und ihre Teilstämme, darunter die Natangen, Samen, Barten, Sassen, Galinden und Sudauer. Allerdings lebten auf dem Gebiet des späteren Ostpreußens um die Zeitenwende auch ostgermanische Stämme, darunter womöglich die Vorfahren der späteren Goten.

 

Die ersten gesicherten Nachrichten über die Prußen erhalten wir im Zusammenhang mit verschiedenen Missionierungsversuchen. So zog im Jahr 996 Bischof Adalbert von Prag ins Prußenland, wo er im darauffolgenden Jahr, im Samland, unweit des späteren Fischhausen, den Märtyrertod fand. Dasselbe Schicksal ereilte auch Brun von Querfurt. Als Erzbischof der Heiden wurde er 1009 von den Sudauern, im späteren Masuren erschlagen. So hielten die Prußen auch in den folgenden Jahrhunderten an ihren alten Göttern fest. Der bekannteste unter ihnen war Perkuno (oder Perjuns, Perkunas, Perkuno), der Kriegsgott, der sich Blitze schleudernd und mit Donnergrollen ankündigte. 

 

Im Jahr 1217 rief Papst Honorius zum Kreuzzug gegen die Prußen auf, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Erst 1226 entschloss sich Herzog Konrad von Masowien, nach einigen eigenen militärischen Fehlschlägen, den Deutschen Ritterorden ins Land zu rufen. Dieser sollte die Prußen entgültig "befrieden" und zum christlichen Glauben bekehren. Nachdem sich der Orden ewigen Besitz der zu erobernden Länder durch Kaiser und Papst hatte verbriefen lassen, begann ab 1230 die Eroberung des Prußenlandes. 

 

Diese war, nach zähem Ringen und mehreren Aufständen der Prußen, erst 1283 abgeschlossen. Der Orden sicherte seine Eroberungen durch den Bau von Burgen und die Ansiedlung deutscher Siedler.

Ab dem 14. Jahrhundert zogen vermehrt Masowier und baltische Litauer und Kuren in das Ordensland. Später kamen unter anderen noch Schotten, Pfälzer und Salzburger Glaubensflüchtlinge hinzu. Diese Gruppen verschmolzen schließlich mit den prußischen Ureinwohner zu einer neuen ostpreußisch-deutschen Ethnie. 

Authochton oder Eingewandert?

Gehörten die Faltins zu den prußischen Ureinwohnern oder sind sie nach Ostpreussen eingewandert? Auf diese Frage gibt es bisher keine eindeutige Antwort. Eine Möglichkeit ist, dass die  Faltins  authochton waren, d.h. dass sie aus der prußischen Urbevölkerung stammten. Der Name  Faltin  bzw. Valtin ist als Vorname bei einzelnen Prußen nachweisbar. So gab es zum Beispiel einen gewissen Valtin Supplitt.  Dieser galt als der letzte heidnische Priester (Waidler) der Prußen. Er lebte um 1520, also lange nach der Christianisierung, in Pobethen im Samland. Valtin Supplitts Sohn hiess übrigens Gerge Valtin. Er hatte also den Vornamen seines Vaters zum Familiennamen angenommen. 

 

Nach einer schriftlichen Quelle sollen die ostpreußischen  Faltins  aus Schottland gekommen sein. So schreibt die Finnin Greta Krohns  in ihrem Buch "Isoäitt kertoo (Großmutter Erzählt)" von 1967 über die Danziger (ursprüngliche Memelner) Faltins, dass die Familie aus Schottland über Schweden nach Memel und schliesslich nach Danzig gekommen sein soll. Nach der Erzählung von Greta Krohns soll der erste bekannte Vorfahre ein, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges nach (oder aus?) Schweden gekommener, Lulle Valentin gewesen sein. 

 

Die Zuverlässigkeit dieser Überlieferung ist sehr zweifelhaft. Tatsächlich stammten zahlreich Einwohner Memels von schottischen Einwanderern ab. Hieraus dürfte sich bei manchem Einwohner die Vorstellung entwickelte haben, dass die eigenen Vorfahren auch aus Schottland stammen mussten. So glaubte zum Beispiel auch der berühmte Philosoph Immanuel Kant, dass seine Familie schottischer Herkunft war. Jedoch ist heute belegt, dass dies nicht zutrifft. Vielmehr stammten Kants Vorfahren im Mannesstamm wohl von den Prußen ab.

 

Zwar findet sich unter den schottischen Einwanderern der Name Valentyne oder ähnlich. Auch der von Greta Krohns genannte Vorname Lulle ist nicht unplausibel, handelt es sich doch um einen baltisch-memelländischen Vornamen der soviel wie "Vornehmer, Großer" bedeutete. Dennoch erscheint eine schottische Herkunft der Faltins kaum wahrscheinlich. Die Namensform ist in Schottland nicht belegt und wird auch unter den schottischen Einwanderern in Ostpreußen nicht genannt. 

Verbreitungsschwerpunkte in Schlesien und Ostpreussen

Wie soll man sich also der Frage nach der Herkunft der        Faltins  in Ostpreußen nähern? Eine Möglichkeiten sind die Verbreitungsschwerpunkte der Faltins über die Jahrhunderte. Wo haben Faltins  schwerpunktmässig gelebt? Welche historischen Ereignisse lassen sich mit dem Auftreten oder Verschwinden von Faltins in Zusammenhang bringen?

 

Ein grosser Kenner der Faltin-Geschichte war der Sanitätsrat Dr. Wigbert  Faltin. Er sprach immer vom schlesischen und vom ostpreußischen  Faltin-Stamm. Dr. Wigbert Faltin  stammte selber aus Schlesien. Tatsächlich waren Schlesien und Ostpreußen die wichtigsten Verbreitungsschwerpunkte der Faltin-Namensträger.

 

Wie die nebenstehende Karte zeigt, hat sich daran auch durch den Zweiten Weltkrieg nur wenig geändert. Trotz Krieg, Flucht und Vertreibung gibt es in Polen immer noch rund 130 Telefonanschlüsse unter dem Namen Faltin, mit Schwerpunkt im ehemaligen Ostpreußen und Schlesien.

 

Diese Verteilung des Names Faltin im heutigen Polen gab Anlass zu der These, dass die ostpreussischen Faltins  aus oder über Schlesien nach West- und Ostpreussen eingewandert sein müssten. Ab den 1420er Jahren war Schlesien für Jahrzehnte eines der Hauptangriffs- und Plünderungsziele der aus Böhmen immer wieder vordringenden tschechischen Hussiten. 40 Städte wurden zerstört. In dieser Zeit (1420) fand unter Kaiser Sigismund in Breslau der erste und einzige kaiserliche Reichstag in Ostdeutschland statt. Die Verwüstungen Schlesiens ab 1425 bewegte viele Deutsche ins Ordensland, also nach West- und Ostpreussen, zu übersiedeln, und es ist möglich, dass zu dieser Wanderbewegung auch Faltins gehörten. 

DNA-Analyse - Alt-Preussisch/Masowische Gruppe

Heutzutage können DNA-Analysen die Suche nach der Herkunft der Vorfahren unterstützen. Wie bereits erwähnt war Ostpreussen für lange Zeit ein Einwanderungsland. Vom 13. bis zum 15. Jahrhundert folgten vor allem Siedler aus Norddeutschland und Schlesien dem Ruf des Deutschen Ritterordens ins Preussenland. Ab dem 14. Jahrhundert zogen dann vermehrt Masowier und Litauer nach Preussen. Später kamen Schotten, Salzburger, Pfälzer und andere hinzu.

 

Die verschiedenen Einwanderungswellen haben ihre Spuren in der DNA der Ostpreussen hinterlassen. Umso überraschender war das Ergebnis eines DNA-Tests von Lothar Faltin, dem Vater des Autors dieser Webseite. Er erwies sich als "reiner" Osteuropäer - abgesehen von einem kleinen Anteil skandinavischer DNA (siehe Bilder oben und unten). So zeigte ein sogenannter autosomaler DNA-Test, dass seine Vorfahren väterlicher und mütterlicherseits schon seit mindestens 500 bis 1000 Jahren in Osteuropa gelebt haben müssen, bevor er 1945 auf die Flucht nach Westen ging. Damit ist klar, das unsere Faltins nicht zu den verschiedenen späteren Einwanderern nach Ostpreußen zählten, sondern schon zur Zeit des Deutschen Ordens im Land lebten. 

 

Aber die Geschichte ist hier noch nicht zu Ende. Die genetische Familienforschung befindet sich in ständiger Entwicklung. Neue Erkenntnisse zu den genetischen Resultaten zeigen, dass unsere Faltins zu einer genetischen Untergruppe (der sogenannten "sub-clade R-Z17913" gehören, die als Alt-Preußisch-Masowisch-Ostgermanische-Gruppe bezeichnet wird und deren gemeinsamer genetischer Vorfahre im Mannesstamm bereits um 125 n. Chr. (Mittelwert), östlich der Weichsel, auf dem Gebiet des heutigen Polens, lebte.  Da dieses Gebiet zu jener Zeit noch nicht von Slawen, sondern von verschiedenen ostgermanischen Volksgruppen wie den Wandalen und vor allem den Goten besiedelt war, ist anzunehmen, dass auch unsere direkten Vorfahren im Mannesstamm einst zu diesen Völkern zählten.

 

Nach diesen Ergebnissen steht also fest, dass die Familie des Autors dieser Webseite im Mannesstamm nicht aus dem Gebiet des heutigen Deutschlands oder anderen westlichen Regionen Europas nach Ostpreußen eingewandert ist. Vielmehr gehörten sie entweder zur Bevölkerung der Alt-Preußen (also den Prußen) oder zu den südlich davon lebenden Masowiern, in denen Teile ostgermanischer Gruppen, wie den Goten, aufgegangen waren. Wichtig ist hier noch anzumerken, dass diese DNA-Ergebnisse nicht auf alle Faltins und vermutlich nicht einmal auf alle Faltins aus Ostpreussen anwendbar sind. 

 

 

IN ARBEIT ...

 

Erste Nennungen des Familiennamens Faltin in Ostpreußen.

 

 In Labiau wird Andres Faltin im Zusammenhang mit der Erhebung der sogenannten Türkensteuer im Jahr 1540 genannt. Andres Faltin dürfte um 1510 geboren worden sein und gehört damit zu den frühesten urkundlich fassbaren von Faltins in Ostpreussen.

Weitere Nennungen gibt es für die Jahre 1535 in Königsberg/Sackeim und 1539 in Labiau/Jonlauken. Hier erscheint aber nur der Name Valtini, bzw. Valtin und es ist nicht klar ob ein Vor- oder ein Nachname gemeint ist. 

 

Als Bauern und Lokatoren in Masuren

IN ARBEIT.....